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Urteil Versicherungsgericht (SG - IV 2012/419)

Zusammenfassung des Urteils IV 2012/419: Versicherungsgericht

Der Beschwerdeführer A. hat mehrere Rentengesuche bei der IV-Stelle des Kantons St. Gallen eingereicht, basierend auf gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Trotz ärztlicher Gutachten und Begutachtungen wurde sein Rentengesuch abgelehnt, da er laut den Sachverständigen noch zu leichten bis mittelschweren Tätigkeiten fähig sei. Der Beschwerdeführer legte Einspruch ein, argumentierte jedoch erfolglos gegen die Entscheidung. Letztendlich wurde entschieden, dass der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf eine Invalidenrente hat, da seine Arbeitsfähigkeit nicht ausreichend eingeschränkt ist. Die Gerichtskosten von 600 Franken trägt der Beschwerdeführer.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts IV 2012/419

Kanton:SG
Fallnummer:IV 2012/419
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:IV - Invalidenversicherung
Versicherungsgericht Entscheid IV 2012/419 vom 08.12.2014 (SG)
Datum:08.12.2014
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 28 IVG. Art. 16 ATSG. Art. 49 Abs. 3 ATSG. Begründungspflicht. Invaliditätsbemessung. Würdigung eines polydisziplinären Gutachtens (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 8. Dezember 2014, IV 2012/419).
Schlagwörter: ähig; IV-act; Arbeit; Prozent; Begründung; Verfügung; Invalidität; Gutachten; Arbeitsfähigkeit; Sachverständigen; Invaliditätsgrad; Tätigkeiten; Entscheid; IV-Stelle; Bericht; Teilgutachten; Recht; Beschwerdeführers; Rente; Hausarzt; Abklärungen; Über; Begründungspflicht
Rechtsnorm: Art. 16 ATSG ;Art. 42 ATSG ;Art. 49 ATSG ;Art. 7 ATSG ;Art. 8 ATSG ;
Referenz BGE:126 V 75;
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts IV 2012/419

Entscheid Versicherungsgericht, 08.12.2014

Vizepräsident Ralph Jöhl, Versicherungsrichterin Karin Huber-Studerus,

a.o. Versicherungsrichter Christian Zingg; Gerichtsschreiber Tobias Bolt

Entscheid vom 8. Dezember 2014

in Sachen

A. ,

Beschwerdeführer,

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Urs Bertschinger, St. Gallerstrasse 46, Postfach 945, 9471 Buchs SG 1,

gegen

IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Postfach 368, 9016 St. Gallen,

Beschwerdegegnerin,

betreffend

Rente Sachverhalt: A.

    1. Ein erstes Rentengesuch von A. wurde am 31. Januar 1997 bei einem nicht rentenbegründenden Invaliditätsgrad von 20 Prozent (nach einer unfallbedingten Verletzung am rechten Unterarm) abgewiesen (IV-act. 72). Dabei stützte sich die IV- Stelle auf ein Gutachten der medizinischen Abklärungsstelle (MEDAS) Zentralschweiz vom 6. Oktober 1995, in welchem für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten eine volle Arbeitsfähigkeit attestiert worden war (IV-act. 51). Auf eine zweite Anmeldung trat die IV-Stelle mit einer Verfügung vom 3. Juli 1998 nicht ein (IV-act. 13). Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit einem Entscheid vom 7. Dezember 2000 abgewiesen (IV 1998/172; vgl. IV-act. 17).

    2. Der Versicherte meldete sich am 29. Dezember 2009 unter Hinweis auf ein Herz­ leiden erneut zum Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung bei der IV-Stelle des Kantons St. Gallen an (IV-act. 112). Er gab an, er habe als Hilfsarbeiter in einem vollen Pensum gearbeitet, sei am 27. Juli 2009 am Herz operiert worden und sei seither nicht mehr in der Lage gewesen, seiner Erwerbstätigkeit nachzugehen. Die Arbeitgeberin des Versicherten gab am 22. Januar 2010 an (IV-act. 121), der Versicherte habe am 1. Juni 2003 eine Vollzeitstelle als Hilfsarbeiter angetreten. Der Jahreslohn habe ab dem 1. Januar 2009 55’185 Franken betragen. Der Versicherte habe seit dem 22. Juli 2009 nicht mehr gearbeitet. Der Hausarzt des Versicherten,

      Dr. med. B. , berichtete am 25. Januar 2010 telefonisch (IV-act. 123), es liege ein Status nach einem akuten Coronarsyndrom und einem Coronararterien-Bypass im August 2009 vor. Der Versicherte leide an einem thoracalen Schmerzsyndrom, das am ehesten durch Blockaden bedingt sei. Dem Versicherten könnten aber körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten weiterhin zugemutet werden. Zu Beginn sei von einer Arbeitsfähigkeit von vier Stunden pro Tag bzw. 50 Prozent auszugehen. Eine Steigerung sollte aber möglich sein. In der Folge verzichtete der Versicherte auf Massnahmen der Frühintervention (vgl. IV-act. 131). Er gab an, er werde noch mehrere Monate arbeitsunfähig bleiben und sich anschliessend alleine wieder um eine Arbeit

      bemühen. Mit einem Vorbescheid vom 3. Januar 2011 teilte die IV-Stelle dem Versicherten mit, dass er keinen Anspruch auf berufliche Massnahmen habe (IV- act. 137). Daraufhin erklärte der Versicherte, erwünsche sehr wohl berufliche

      Massnahmen (IV-act. 138). Im Mai 2011 berichtete der Hausarzt Dr. B. (IV-act. 149), dass sich der Versicherte zurzeit in einer stationären Rehabilitation befinde. Er werde ihm ein Arztzeugnis für eine Arbeitsfähigkeit von 30 Prozent ab dem 15. Mai 2011 und eine solche von 50 Prozent ab dem 1. Juni 2011 ausstellen. Für eine leichte Tätigkeit werde der Versicherte seines Erachtens wieder eine vollumfängliche Arbeitsfähigkeit erreichen können. Anlässlich einer Besprechung am Arbeitsplatz am 10. Mai 2011 hielt der Versicherte fest (vgl. IV-act. 154), er fühle sich nicht in der Lage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Er werde aber versuchen, im Rahmen eines Arbeitsversuchs mit einem Pensum von 30 Prozent einarmig zu arbeiten. Sein Arbeitgeber erklärte, der Versicherte sei zwar ein langjähriger, guter Mitarbeiter gewesen, aber eine solche Tätigkeit könne ihm nicht angeboten werden, weshalb man das Krankentaggeld auslaufen lassen und das Arbeitsverhältnis kündigen werde. Mit einem Vorbescheid vom 24. Juni 2011 teilte die IV-Stelle dem Versicherten mit, dass sie gedenke, die beruflichen Massnahmen abzuschliessen (IV-act. 160). Am

      16. September 2011 verfügte sie entsprechend (IV-act. 164).

    3. Am 7. November 2011 berichtete der Hausarzt Dr. B. (IV-act. 165–1 ff.), der Versicherte leide an schweren, belastungsabhängigen Schmerzen im linken Thorax. Er sei seit August 2009 vollständig arbeitsunfähig. Er habe eine psychotherapeutische Behandlung abgebrochen. Seinem Bericht lag unter anderem ein Bericht der Psychiaterin Dr. med. C. vom 16. Mai 2010 bei (IV-act. 165–17 f.), in welchem die Diagnosen einer Anpassungsstörung mit Angst und depressiver Reaktion, gemischt, sowie einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung angeführt worden waren. Am

      16. November 2011 empfahl Dr. med. D. vom IV-internen regionalen ärztlichen Dienst (RAD) die Begutachtung des Versicherten durch eine MEDAS (IV-act. 167). Die IV-Stelle beauftragte in der Folge die ärztliches Begutachtungsinstitut (ABI) GmbH mit der Erstellung eines solchen Gutachtens (IV-act. 169). Die Sachverständigen der ABI GmbH hielten in ihrem am 29. Mai 2012 verfassten Gutachten fest (IV-act. 176–

      2 ff.), der Versicherte leide an einem chronischen thoraco-brachialen Schmerzsyndrom links (ohne radiculäre Symptomatik), einer coronaren Ein-Gefäss-Erkrankung, einem Tinnitus rechts (mittelgradig kompensiert), einer Hochtonschwerhörigkeit beidseits

      sowie chronischen intermittierenden Restbeschwerden am rechten Vorderarm. Aus polydisziplinärer Sicht seien ihm aber körperlich leichte bis intermittierend mittelschwere, wechselbelastende Tätigkeiten ohne erhöhte auditive Anforderungen und in ruhiger Umgebung zumutbar. Die Leistungsfähigkeit betrage aufgrund eines vermehrten Pausenbedarfs 90 Prozent. Andere Tätigkeiten seien dem Versicherten nicht mehr zumutbar. Für körperlich schwere und andauernd mittelschwere Tätigkeiten bestehe seit dem Herzinfarkt im Juli 2009 eine Arbeitsunfähigkeit. Die Einschränkungen aus otorhinolaryngologischer Sicht bestünden seit April 2011, da ab diesem Zeitpunkt eine Hörgeräteversorgung notwendig geworden sei. Bis April 2011 habe also keine länger andauernde Arbeitsunfähigkeit für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit bestanden. Die aktuell festgestellte Arbeitsfähigkeit gelte ab April 2011. Der RAD-Arzt Dr. D. notierte am 15. Juni 2011 (IV-act. 177), das Gutachten der ABI GmbH sei umfassend, kohärent und widerspruchsfrei. Die relevanten Fragen würden plausibel nachvollziehbar beantwortet.

    4. Mit einem Vorbescheid vom 19. Juli 2012 teilte die IV-Stelle dem Versicherten mit (IV-act. 181), dass sie gedenke, sein Rentengesuch bei einem nicht rentenbegründenden Invaliditätsgrad von sechs Prozent abzuweisen. Dagegen liess der nun anwaltlich vertretene Versicherte am 19. September 2012 eine „Einsprache“ erheben (IV-act. 189). Sein Rechtsvertreter forderte „unter Kosten- und Entschädigungsfolge“ die Aufhebung des Vorbescheides und die Durchführung weiterer Abklärungen. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, der vorgesehene Entscheid sei bereits deshalb falsch, weil schon alleine die Beschwerden im rechten Vorderarm gemäss einem früheren Entscheid einen Invaliditätsgrad von 20 Prozent zur Folge gehabt hätten. Angesichts der vielfältigen zusätzlichen Beschwerden könne der Invaliditätsgrad nicht sechs Prozent betragen. Gemäss einer Stellungnahme des Hausarztes Dr. B. vom 10. September 2012 bestehe bloss noch eine Arbeitsfähigkeit von 20–30 Prozent für leichte Tätigkeiten. Die kardiologische Untersuchung im Rahmen der Begutachtung sei ungenügend ausgefallen. Da Dr. B. sich auf den Standpunkt stelle, es könne zwischenzeitlich zu einer weiteren Progression der Gefässkrankheit gekommen sein, müsse eine eingehende Herzkatheteruntersuchung durchgeführt werden. Das psychiatrische Teilgutachten überzeuge nicht. Es fehle an jeglicher Plausibilität. Dem Teilgutachten habe auch bloss ein 30 Minuten dauerndes Gespräch zugrunde gelegen. Die Qualitätsleitlinien der

Schweizerischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie seien nicht beachtet worden. Der Versicherte leide entgegen der Angaben des Sachverständigen permanent unter Todesangst und sei wegen depressiver Störungen bereits durch Dr. C. behandelt worden. Über die Behandlung durch Dr. C. lägen ungenügende Angaben im Recht. Es müssten daher noch weitere Berichte eingeholt werden. Zudem fehlten im psychiatrischen Teilgutachten Ausführungen zur Überwindbarkeit bezüglich der somatoformen Schmerzstörung. Dr. B. hatte am 10. September 2012 in Bezug auf das ABI-Gutachten ausgeführt (IV-act. 189–7 f.), die objektiven Befunde seien korrekt wiedergegeben worden. Das Schmerzsyndrom des Versicherten sei aber nicht ausreichend gewürdigt worden. Ausserdem hätten die Sachverständigen übersehen, dass der Versicherte ein depressives Syndrom entwickelt habe. Weiter hätte untersucht werden müssen, ob es zu einer zwischenzeitlichen Progression der Gefässkrankheit gekommen sei. Die Diagnosen seien korrekt wiedergegeben, aber falsch interpretiert worden. Der Versicherte sei für körperlich leichte Tätigkeiten maximal zu 20–30 Prozent arbeitsfähig. Nachdem der RAD-Arzt Dr. D. am 2. Oktober 2012 festgehalten hatte (IV-act. 192), er sehe keinen Grund, seine Einschätzung zu revidieren, verfügte die IV- Stelle am 8. Oktober 2012 gemäss dem Vorbescheid (IV-act. 193).

B.

    1. Am 7. November 2012 liess der Versicherte (nachfolgend: der Beschwerdeführer) eine Beschwerde erheben (act. G 1). Sein Rechtsvertreter beantragte die Aufhebung der Verfügung vom 8. Oktober 2012 und die Rückweisung der Sache an die Beschwerdegegnerin zur Durchführung weiterer Abklärungen. Zur Begründung führte er aus, die Beschwerdegegnerin habe sich mit seiner „Einsprache“ nicht auseinandergesetzt und damit seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Das Gutachten der ABI GmbH bilde keine genügende Grundlage für die Bemessung des Invaliditätsgrades. Die Beschwerdegegnerin müsse insbesondere weitere kardiologische und psychiatrische Abklärungen tätigen.

    2. Die Beschwerdegegnerin beantragte am 1. März 2013 die Abweisung der Beschwerde (act. G 6). Zur Begründung führte sie aus, sie habe sich mit den Einwänden des Beschwerdeführers auseinandergesetzt und sei ihrer Begründungspflicht nachgekommen. Das Gutachten der ABI GmbH beantworte

      sämtliche relevanten medizinischen Fragen, weshalb kein Grund zur Durchführung weiterer Abklärungen bestehe. Dem Beschwerdeführer sei bereits erklärt worden, wie es zum tieferen Invaliditätsgrad trotz zusätzlicher Beschwerden gekommen sei.

    3. Mit einer Replik vom 29. April 2013 liess der Beschwerdeführer an seinem Antrag festhalten (act. G 8). Unter Hinweis auf einen Bericht von Dr. B. vom 22. März 2013, einen Bericht des Kardiologen Dr. med. E. vom 20. November 2012 und einen Bericht des Psychiaters Dr. med. F. vom 28. März 2013 liess er ausführen, dass die Abklärungen der Beschwerdegegnerin ungenügend ausgefallen seien.

    4. Die Beschwerdegegnerin verzichtete auf eine Duplik (act. G 10).

Erwägungen:

1. Der Beschwerdeführer hat eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 42 ATSG) in Form einer Verletzung der Begründungspflicht durch die Beschwerdegegnerin gerügt. Die Pflicht zur Begründung von Verfügungen ist in Art. 49 Abs. 3 ATSG geregelt. Der Sinn und Zweck der Begründungspflicht ist es, dem Verfügungsadressaten offen zu legen, welche Überlegungen im Wesentlichen zum getroffenen Entscheid geführt haben. Der Verfügungsadressat soll anhand der Begründung prüfen können, ob er ein Rechtsmittel gegen die Verfügung einlegen will. Dazu muss er in die Lage versetzt werden, sich in einer allfälligen Einsprache Beschwerde materiell mit der Verfügung auseinanderzusetzen, wofür ihm die wesentlichen Überlegungen der verfügenden Behörde bekannt sein müssen. Darin erschöpft sich der Sinn und Zweck der Begründungspflicht. Ermöglicht eine Begründung die Prüfung eines Weiterzuges und die eingehende Begründung einer allfälligen Eingabe, ist die verfügende Behörde ihrer Begründungspflicht ausreichend nachgekommen. Diesen Zweck kann bereits eine kurze, rudimentäre Begründung erfüllen. Vorliegend hat die Beschwerdegegnerin in der angefochtenen Verfügung ausgeführt, dass sie ihren Entscheid in medizinischer Hinsicht auf das ABI-Gutachten stütze. Weiter hat sie begründet, weshalb sie trotz der Einwände des Beschwerdeführers gegen das Gutachten darauf abstelle. Schliesslich hat sie ihrer Verfügung die Stellungnahme des RAD-Arztes zu den medizinischen Einwänden gegen das ABI-Gutachten, auf welche sie abgestellt hat, beigelegt. Damit ist der

Beschwerdeführer in die Lage versetzt worden, die wesentlichen Überlegungen der Beschwerdegegnerin nachzuvollziehen und abzuwägen, ob er eine Beschwerde gegen die Verfügung erheben will. Er ist auch in der Lage gewesen, seine Beschwerde eingehend materiell zu begründen, weshalb die Begründung der angefochtenen Verfügung ihren Zweck vollumfänglich erfüllt hat. Folglich liegt keine Verletzung der Begründungspflicht vor.

2.

    1. Einen Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung haben Versicherte, die ihre Erwerbsfähigkeit die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wieder herstellen, erhalten ver­ bessern können, während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 Prozent arbeitsunfähig gewesen sind und nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 Prozent invalid sind (Art. 28 Abs. 1 IVG). Invalidität ist die voraussichtlich bleibende längere Zeit dauernde ganze teilweise Erwerbsunfähigkeit (Art. 8 Abs. 1 ATSG). Erwerbsunfähigkeit ist der durch eine Gesundheitsbeeinträchtigung verursachte und nach der zumutbaren Behandlung und Eingliederung verbleibende ganze teilweise Verlust der Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt (Art. 7 Abs. 1 ATSG). Für die Bestimmung des Invaliditätsgrades wird das Erwerbseinkommen, das die versicherte Person nach dem Eintritt der Invalidität und nach der Durchführung der medizinischen Behandlung und allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte, zum Erwerbseinkommen, das sie erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre, in Beziehung gesetzt (Art. 16 ATSG).

    2. Gemäss der übereinstimmenden Beurteilung des RAD-Arztes Dr. D. und des Hausarztes Dr. B. haben die Sachverständigen der ABI GmbH die wesentlichen somatischen Befunde korrekt erhoben und die richtigen Diagnosen gestellt. Eine mög­ liche Progression der Gefässerkrankung hat sich gemäss den neusten Berichten, die der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Replik eingereicht hat, als unwahrscheinlich erwiesen, weshalb davon ausgegangen werden kann, dass die im Rahmen der Begutachtung erhobenen Befunde im Zeitpunkt der Verfügungseröffnung nach wie vor

      aktuell gewesen sind. Zwar könnte mittels einer Herzkatheteruntersuchung die Diagnose genauer gestellt werden, doch wird eine zu 100 Prozent gesicherte Diagnose für die Beurteilung des Rentenanspruchs des Beschwerdeführers nicht benötigt. Der medizinische Sachverhalt muss nämlich bloss mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein. Dieser Beweisgrad ist mit den im Recht liegenden Berichten betreffend die Gefässerkrankung erreicht. Gemäss der Beurteilung des RAD-Arztes Dr. D. sind die gestützt auf die erhobenen Befunde und die gestellten Diagnosen gezogenen Schlussfolgerungen der Sachverständigen der ABI GmbH nachvollziehbar und überzeugend. Der Hausarzt Dr. B. hat die Schlussfolgerungen dagegen als nicht plausibel erachtet. Er hat den Auswirkungen der Gefässerkrankungen bzw. den Thoraxschmerzen eine wesentlich weiter gehende Einschränkung der Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers in leidensadaptierten Tätigkeiten zugemessen. Zudem hat er geltend gemacht, die psychiatrische Beurteilung sei falsch, denn der Beschwerdeführer sei depressiv und leide an permanenter Todesangst. Letzteres hat der neu behandelnde Psychiater Dr. F. nur teilweise bestätigt. Er hat nämlich ausgeführt, der Beschwerdeführer leide an einer atypischen Depression mit dysphorischen Zügen, mittelgradiger Ausprägung und ausgeprägter vegetativer Dysregulation. Eine Angststörung hat er dagegen nicht diagnostiziert. Hinsichtlich der Arbeitsfähigkeit hat er ausgeführt, diese werde vor allem durch die beobachtete verminderte Fähigkeit zur Affektkontrolle eingeschränkt. Eine quantitative Einschränkung der Arbeitsfähigkeit hat er (noch) nicht attestieren können. Diese Einschätzung spricht nicht für eine wesentliche quantitative Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit und steht nicht in Widerspruch zu den vom psychiatrischen Sachverständigen der ABI GmbH erhobenen Befunden. Auch der Beschwerdeführer selbst erachtet sich als psychisch zumindest weitgehend gesund. Er hat eine erste psychotherapeutische Behandlung durch

      Dr. C. als sinnlos erachtet und nach kurzer Zeit wieder abgebrochen. Auch dem einzigen Bericht von Dr. C. lässt sich nichts entnehmen, das Zweifel an der Beurteilung durch den psychiatrischen Sachverständigen der ABI GmbH wecken würde. Das psychiatrische Teilgutachten der ABI GmbH erscheint als schlüssig und nachvollziehbar. Die Schlussfolgerungen sind begründet und plausibel. Dass die Exploration bloss 30 Minuten gedauert haben sollte, wie der Beschwerdeführer bemängelt, ist eher unwahrscheinlich. Diese Zeit dürfte nicht einmal für die Erstellung der im Gutachten enthaltenen, ausführlichen Anamnese ausgereicht haben. Selbst

      wenn es sich aber so verhielte, ist das Teilgutachten jedenfalls umfassend und detailliert genug ausgefallen. Die angeblich ungenügende Dauer der Exploration hat den Sachverständigen also nicht daran gehindert, ein sorgfältiges, umfassendes Teilgutachten zu verfassen. Weitere Gründe, an dessen Zuverlässigkeit zu zweifeln, sind gesamthaft ebenfalls keine ersichtlich, weshalb darauf abzustellen ist. Folglich bestehen keine Anhaltspunkte für eine relevante psychische Gesundheitsbeeinträchtigung. Da sich auch das kardiologische Teilgutachten entgegen der Rügen des Beschwerdeführers gemäss den neusten Berichten als umfassend und überzeugend erwiesen hat, besteht kein Anlass, an dessen Überzeugungskraft zu zweifeln und weitere Abklärungen in die Wege zu leiten. Betreffend die Zumutbarkeitsbeurteilung erscheint die Stellungnahme von Dr. B. als wenig überzeugend, denn er hat nicht zu erklären vermocht, weshalb die Thoraxschmerzen die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers selbst für leichte Arbeiten praktisch vollständig aufheben sollten. Seine nicht weiter begründete Behauptung erweckt den Anschein, primär therapeutisch motiviert zu sein. Es handelt sich dabei mit anderen Worten nicht um eine versicherungsmedizinisch relevante Zumutbarkeitsbeurteilung, sondern vielmehr um eine Angabe, in welchem maximalen Umfang eine Erwerbstätigkeit therapeutisch als sinnvoll zu qualifizieren sei. Für die Invaliditätsbemessung ist aber eine (strengere) Zumutbarkeitsbeurteilung massgebend. Ausserdem erweckt die Stellungnahme von Dr. B. den Eindruck, er sei der – gutachterlich bestätigten – unbewussten Aggravation des Beschwerdeführers aufgesessen. Die Einschätzung der Sachverständigen der ABI GmbH erscheint diesbezüglich als plausibel. Bereits die Sachverständigen der MEDAS Zentralschweiz hatten nach der schweren Verletzung am rechten Unterarm trotz der damals noch vorhandenen starken Schmerzen eine vollumfängliche Leistungsfähigkeit als zumutbar erachtet. Der Beschwerdeführer war denn auch in der Lage gewesen, in einer leidensadaptierten Tätigkeit über mehrere Jahre hinweg eine volle Arbeitsleistung zu erbringen. Vor diesem Hintergrund ist plausibel, dass die aktuellen Schmerzen die Leistungsfähigkeit in einer leidensadaptierten Tätigkeit ebenfalls nur marginal beeinträchtigen. Da es sich bei diesen Schmerzen, obwohl sie somatisch nur teilweise erklärt werden können, nicht um ein so genanntes pathogenetisch-ätiologisch unklares Beschwerdebild ohne nachweisbare organische Genese handelt, haben sich die Sachverständigen der ABI GmbH zu Recht nicht weiter zu den so genannten

      Foerster’schen Kriterien geäussert. Gesamthaft erweist sich das ABI-Gutachten als nachvollziehbar und überzeugend, weshalb mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von einer Leistungsfähigkeit von 90 Prozent in leidensadaptierten Tätigkeiten auszugehen ist.

    3. Der Beschwerdeführer hat zuletzt einen leicht unterdurchschnittlichen Lohn erzielt, der allerdings nicht als Valideneinkommen qualifiziert werden kann, weil der Beschwerdeführer eine durchschnittlich entlöhnte Hilfsarbeit ausgeübt hätte, wenn er einen entsprechenden Arbeitsplatz gefunden hätte. Für die Ermittlung des Valideneinkommens ist folglich davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer ohne Gesundheitsbeeinträchtigung weiterhin als Hilfsarbeiter tätig gewesen wäre und eine durchschnittlich entlöhnte Tätigkeit ausgeübt hätte. Da ihm weiterhin Hilfsarbeitertätigkeiten zugemutet werden können, entspricht der Ausgangswert des zumutbarerweise erzielbaren Invalideneinkommens dem Valideneinkommen, weshalb die Bemessung des Invaliditätsgrades anhand eines so genannten Prozentvergleichs erfolgen kann. Das bedeutet, dass der Invaliditätsgrad dem Arbeitsunfähigkeitsgrad, allenfalls korrigiert um einen so genannten Tabellenlohnabzug (vgl. BGE 126 V 75), entspricht. Da keine Gründe ersichtlich sind, welche die Erzielung eines durchschnittlichen, einer Leistungsfähigkeit von 90 Prozent entsprechenden Hilfsarbeitereinkommens in einer vollständig leidensadaptierten Tätigkeit verunmöglichen würden, fällt ein Tabellenlohnabzug nicht in Betracht. Der Invaliditätsgrad beträgt folglich zehn Prozent, was nicht zum Bezug einer Rente der Invalidenversicherung berechtigt.

3. Die angefochtene Verfügung erweist sich daher als rechtmässig, weshalb die Beschwerde abzuweisen ist. Der unterliegende Beschwerdeführer hat die Gerichtskosten von 600 Franken zu bezahlen. Diese Gebühr ist durch den von ihm geleisteten Kostenvorschuss in gleicher Höhe gedeckt. Ein Anspruch auf eine Parteientschädigung besteht nicht.

Demgemäss hat das Versicherungsgericht im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP entschieden:

  1. Die Beschwerde wird abgewiesen.

  2. Der Beschwerdeführer hat die Gerichtskosten von Fr. 600.-- zu bezahlen; diese Gebühr ist durch den von ihm geleisteten Kostenvorschuss von Fr. 600.-- gedeckt.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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